Zur Wirksamkeit von Widerrufsbelehrungen, die einen nicht erforderlichen Hinweis zu finanzierten Geschäften enthalten (BGH, 24.1.2017 – XI ZR 66/16).

Entscheidung:


Enthalten Widerrufsbelehrungen Hinweisen, welche dem ersten Anschein nach nicht mit dem zu Grunde liegenden Geschäft in Verbindung stehen, ist dies unschädlich. Die Belehrung büßt dadurch nicht die rechtliche Wirksamkeit ein.

Fall:


Die Parteien schlossen 2009 drei Darlehensverträge über insgesamt 275.000 €. Den Darlehensverträgen waren jeweils gleichlautende Widerrufsbelehrungen beigefügt. Mit Schreiben des Jahres 2013 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen. Sie waren der Ansicht, dass Zusätze in der Widerrufsbelehrung, diese unwirksam gemacht hätten und daher weiterhin die Ausübung des Widerrufsrechts, auch nach Jahren, noch möglich sei.

Begründung:

Die Beklagte hatte die Kläger ordnungsgemäß über das ihnen nach § 495 Abs. 1 BGB zustehende Widerrufsrecht belehrt.
Die Angabe der Widerrufsfrist mit "zwei Wochen" stand in Übereinstimmung mit § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2, § 32 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 EGBGB maßgeblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: aF). Der Fußnotenzusatz "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" war mit der Einleitung "Bearbeitungshinweis:" versehen und damit deutlich an den die Belehrung erteilenden Mitarbeiter der Beklagten und nicht an die Kläger als Kunden gerichtet.
Eines Hinweises darauf, bei einer Mehrheit von Darlehensnehmern könne jeder für sich seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung widerrufen, bedurfte es entgegen der Rechtsauffassung der Kläger nicht.

Die Angaben zu den Widerrufsfolgen standen in Einklang mit den Angaben der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der hier maßgeblichen, zwischen dem 4. August 2009 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: aF) und waren, ohne dass es auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Belehrungsmusters ankäme, hinreichend deutlich.
Die Ausführungen im Abschnitt "Finanzierte Geschäfte" machten die Widerrufsbelehrung der Beklagten ebenfalls nicht undeutlich, obwohl verbundene Verträge nicht vorlagen. Formularverträge müssen für verschiedene Vertragsgestaltungen offen sein. Deshalb ist eine Widerrufsbelehrung nicht generell unwirksam, weil sie Elemente zu finanzierten Geschäften enthält, zu deren Aufnahme der Unternehmer nicht verpflichtet ist. Auch der Gestaltungshinweis der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF sah den nur fakultativen Wegfall der "nachfolgenden Hinweise für finanzierte Geschäfte" vor, wenn ein verbundener Vertrag nicht vorlag. Dass der Verordnungsgeber die Verwendung dieser Hinweise freistellte, weil "die Beurteilung, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht, im Einzelfall schwierig sein kann", führt nicht dazu, dass "Sammelbelehrungen" als undeutlich und unwirksam zu behandeln sind. Vielmehr hat der (Parlaments-)Gesetzgeber zu erkennen gegeben, von der hinreichenden Deutlichkeit einer Widerrufsbelehrung (und Rückgabebelehrung) ist auch dann auszugehen, wenn sie nicht erforderliche Hinweise zu finanzierten Geschäften enthält. Entsprechend geht auch die obergerichtliche Rechtsprechung davon aus, "Sammelbelehrungen" seien nicht per se undeutlich und unwirksam.
Des Weiteren entsprachen die von der Beklagten verwandten Textbausteine - mit einem offensichtlichen Schreibversehen: "Pflicht zum Wertersatzpflicht" statt "Pflicht zum Wertersatz" und mit einigen unmaßgeblichen Anpassungen bei der Sprecherperspektive - im Wesentlichen einer Kombination der Texte im Gestaltungshinweis (10) des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV aF und waren hinreichend deutlich.

Fazit:

Nicht jeder Zusatz oder außergewöhnliche Formulierung in der Widerrufsbelehrung führen zu deren Unwirksamkeit.

Jens Reime - Anwalt für Bank- & Kapitalmarktrecht

Rechtsanwalt Jens Reime
VCF Card downloaden

Artikel als PDF downloaden

Zurück