Venture Capital Anleger bekommen Recht: OLG Dresden bestätigt Urteil gegen Dresdner Anlageberaterin wegen Empfehlung zu Anteilen an Blindpool´s
Venture Capital Anleger bekommen Recht: OLG Dresden bestätigt Urteil gegen Dresdner Anlageberaterin wegen Empfehlung zu Anteilen an Blindpool´s
Bautzen, den 26.09.2016 Lebensversicherungen gekündigt und für Rückkaufswerte Anteile an Venture Capital Fonds (Blindpool´s) gekauft, zum Glück Haftungsprozeß ohne Rechtsschutzversicherung erfolgreich geführt. Das ist das Resümee von Vorgängen aus dem Jahre 2010 im Südosten vom Kreis Bautzen. Da halfen der Beraterin dann auch keine schriftlichen Bestätigungen angeblicher Prospektübergaben mehr. Der immer wieder bei Anlageberatern zu beobachtende Irrtum, was protokollierte sei, müsse auch so stimmen und der Anleger hätte deswegen keine Chancen, wandelte sich in eine bunte Illusion. Es kommt eben nicht darauf an, ob (so viel wie möglich) alles protokolliert wurde, sondern ob anleger- und anlagegerecht beraten wurde. Objektive Gegebenheiten (persönliche Situation der Anleger, Lebensalter, Beruf, Bildung, Lebensversicherungen, Kinder) können naturgemäß durch fadenscheinige Beratungsprotokolle nicht "wegtransformiert" werden.
Gerade noch rechtzeitig wandte sich das Ehepaar an die Kanzlei Reime, nachdem sie vergeblich bei der Verbraucherzentrale Dresden und einer Dresdener Anwältin vorgesprochen hatten.
Mehrere Lebensversicherungen mit hohen garantierten Rückkaufswerten im fünfstelligen Bereich wurden auf Veranlassung der Anlageberaterin gekündigt um 8(!) Beteiligungen an Blindpool´s zu kaufen mit einer Gesamtzeichnungssumme von über € 80.000.
Das Ausgangsgericht (Landgericht Görlitz 5 O 611/14) Gericht stützte sein Urteil am 10.03.2016 vornehmlich darauf, dass
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Der Beklagten war die Risikoaufklärung nicht wichtig, ihr war nicht bewusst, dass sie ganz zentral eine ausreichende Risikoaufklärung schuldete. Auf die Frage, wie sie das gemacht habe, mittels Prospekt über Chancen und Risiken aufzuklären, führte sie nämlich zunächst aus, sie habe den Prospekt genommen und mitgeteilt, dass ASBONA in erneuerbare Energien investiert und sie sei dann darauf gekommen, dass, wenn man die Raten zahlt und alles gut läuft, man eine Gutschrift von 20 Prozent bekommen kann. Auf die weiteren Fragen, was sie , nachdem sie auf die Gutschrift hingewiesen hat, sonst noch gemacht hat, worüber noch gesprochen wurde, sagte sie aus, dass sie das im Detail nicht mehr wisse. Erst auf zwei weitere Nachfragen teilte sie dann mit, dass sie die Risiken auch vorgelesen habe. Erst auf weitere Nachfrage sagte sie, sie habe das Inhaltsverzeichnis vorgelesen mit den dort aufgeführten Risiken. Wenn der Beklagten bewusst wäre, dass sie im Zuge der Anlageberatung ihren Kunden eine umfassende Risikoaufklärung schuldet, so hätte dies in ihrer Aussage einen entsprechenden Stellenwert gehabt. Gleichzeitig hat die Beklagte damit jedenfalls unmittelbar zugestanden, dass sie nicht ausreichend aufgeklärt hat, weil sie - lediglich - das Inhaltsverzeichnis mit den darin benannten Risiken vorgelesen hat. Eine Risikoaufklärung ist jedoch nicht ausreichend durchgeführt, wenn man lediglich Risiken schlagwortartig benennt. Der Anleger muss vielmehr so informiert werden, dass er die Risiken auch versteht. Dass sie selbst in der Lage gewesen wäre, die Risiken so zu beschreiben, dass sie ein Laie versteht, hat die Beklagte nicht aufzeigen können. Dass sie gegenüber dem Kläger und der Frau A. die Risiken über das bloße Vorlesen und Benennen der Risiken hinaus beschrieben hätte, hat sie nicht ausgesagt. Die Darlegung der Beklagten, sie habe den Prospekt übergeben und über Risiken aufgeklärt, ist sehr vorsichtig zu beurteilen mit Blick auf deren Wahrheitsgehalt, weil aufgrund der Aussagen des Klägers und der Zeugin A. festzustellen ist, dass die Beklagte davon sprach, dass diesen eine erhebliche Summe aus einem staatlichen Ausgleichsfonds zustehen würde. Es mutet arglistig an, wenn die Beklagte von einem staatlichen Ausgleichsfonds spricht, an einer Stelle, an der es einen solchen Fonds - unstreitig - nicht gibt.
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und verurteilte zugunsten der von der Kanzlei Reime vertretenen Eheleute. Das OLG Dresden bestätigt diese Verurteilung mit Urteil vom 21.09.2016 in 5 U 543/16.
Zwar wussten die Eheleute schon in 2010 vom Totalverlustrisiko, jedoch konnten sie in 2014 immer noch erfolgreich ihre Ansprüche auf unverjährte Beratungsfehler stützen. Bekanntlich verjährt nach dem Bundesgerichtshof jeder Schadensersatzanspruch aus der jeweiligen Pflichtverletzung gesondert. Der Anspruch wegen unterlassener Hinweise auf das Blindpoolrisiko und das Haftungsrisiko war noch nicht verjährt.
Interessant war auch die „Nachbehandlung“ der Eheleute durch die Beraterin mit Hilfe ihres Vertriebsleiters M. Fiedler. Als den Eheleuten dann doch etwas mulmig wurde und sie die Verträge vorzeitig kündigten, tauchten die Beraterin und Herr Fiedler bei ihr auf um sie erfolgreich umzustimmen mit dem Argument, dass sie doch mehr aus ihrem Geld machen wollten ohne natürlich auf die Risiken hinzuweisen.
Fazit Es ist offensichtlich, dass sich die Anlageberaterin mit dieser Beratung keinen Gefallen getan hat. Es reicht eben nicht aus, auf Lebensversicherung zu schimpfen, man muss das Alternativprodukt selbst verstehen und auch ausreichend erklären können. Weitere Regressprozesse gegen diese Beraterin beschäftigen gerade das LG Görlitz. Die Eheleute bekommen wenigstens die Rückkaufswerte von ihren Lebensversicherungen und die Prozesskosten von insgesamt ca. € 50.000 erstattet.
Leider haftungsrechtlich unbeteiligter Dritter ist der Vertriebsleiter Fiedler, welcher mit den konkreten Anlageberatungen selbst unmittelbar nichts zu tun hatte und so noch für drei weitere kanzleibekannte Berater verantwortlich war, welche viele Venture Capital Fondsanteile in Ostsachsen auf diese Art und Weise verkauften.