Bankenhaftung

Die Bankenhaftung bei Immobilienfinanzierungen wird relevant, wenn die Bank falsch berät und wenn die Regelungen des BGB zu Verbraucherkrediten und Haustürgeschäften anwendbar werden:

Grundlage der Haftung ist in diesen Fällen fast immer die vorvertragliche Vertrauenshaftung, die mittlerweile in den §§ 311 II, 241 II BGB ausdrücklich geregelt ist. Die Bankenhaftung wird in der Rechtsprechung und in der Rechtsliteratur heiß diskutiert, aber mittlerweile haben sich bestimmte Fallgruppen herauskristallisiert, die fast allgemein anerkannt sind.

Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der Rolle der Bank als reiner Finanzierer einer Kapitalanlage und der als Berater und Vermittler von Kapitalanlagen.

  1. Die Bank als Finanzierer

    Hinweis-, Aufklärungs- und Beratungspflichten der immobilien- bzw. objektfinanzierenden Bank bestehen grundsätzlich nur hinsichtlich des Darlehensvertrages und dessen Bedingungen, nicht hingegen für Risiken der Beteiligung gegenüber den Anlegern. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, wonach jeder Vertragspartner nur innerhalb seines Rechtsverhältnisses für Pflichtverletzungen einzustehen hat. Die Bank haftet daher grundsätzlich nicht bei Fehlangaben zum Objekt. Dies gilt insbesondere bei Steuersparmodellen, bei denen davon auszugehen sei, dass der Interessent entweder selbst über die notwendigen Erfahrungen und Kenntnisse verfügt oder sich deren Hilfe von Fachleuten bedient bzw. sich hätte bedienen können.

    Nur ausnahmsweise kann aufgrund besonderer Umstände nach Treu und Glauben eine weitergehende Aufklärung für die Anleger durch die Kreditinstitute erforderlich sein. Dazu hat die Rechtsprechung vier Fallgruppen herausgearbeitet:

    • Die Fallgruppe des konkreten Wissensvorsprunges durch die Bank kann einschlägig sein, wenn die Bank zum Beispiel Kenntnis über die drohende Zahlungsunfähigkeit eines Geschäftspartners hat oder wenn ihr bekannt ist, dass Werbeunterlagen falsche oder irreführende Angaben, z. B. über den Baubeginn oder Grundstücksflächen, enthalten.

    • Die Fallgruppe des schwerwiegenden Interessenkonfliktes liegt z.B. vor, wenn die Bank als Hauptgläubigerin einer Kommanditgesellschaft ein eigenes Interesse an deren Sanierung hat und Kommanditisten zu diesem Zweck auffordert, die Gesellschaft mit von ihr finanzierten Darlehen zu unterstützen, wenn dabei die erhebliche Gefahr eines Scheiterns der Sanierung besteht.

    • Die Fallgruppe des besonderen Gefährdungstatbestandes ist z. B. einschlägig, wenn die Bank den Inhaber eines mit Eigenmitteln aufgebauten Depots dazu verleitet, ein dessen wirtschaftliche Verhältnisse weit übersteigendes Darlehen aufzunehmen, um damit die jeweils vom Anlageberater der Bank vorgeschlagenen Spekulationsobjekte zu finanzieren, wenn das Scheitern der Anlage bei steigenden Zinsbelastungen oder sinkenden Aktienkursen so gut wie sicher war.

    • Die Fallgruppe der Unerfahrenheit des Kreditnehmers ist schwierig festzustellen. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung mag da helfen: In einem durch den Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatten Bankkunden einen Kredit zum Erwerb eines Waschsalons aufgenommen. Die monatliche Belastung durch das Darlehen lag bei 2.548,00 DM und die Gewinnerwartung durch den Waschsalon war mit 4.000,00 DM pro Monat beziffert, aus diesem Gewinn sollte dann auch noch der Lebensunterhalt für die Kunden bestritten werden. Für diese Gewinnerwartung gab es zudem keine konkreten Zahlen. Hier hätte die Bank die Unerfahrenheit der Kunden erkennen müssen, diese warnen und von der Geschäftsaufnahme abraten müssen. Der Bundesgerichtshof hielt daher in diesem Fall einen Schadensersatzanspruch daher für gegeben.

    Bei Überschreitung der Rolle der Bank als Finanzierer der Kapitalanlage und Beteiligung bei dem Vertrieb der Kapitalanlage werden andere Regeln relevant.

  2. Die Bank als Berater und Vermittler

    Eine Bank, die für ihre Anlageempfehlung das Vertrauen ihres Kunden in Anspruch nimmt und in Bezug auf eine konkrete Anlageentscheidung sich als kompetent geriert, hat nach der Rechtssprechung bestimmte Pflichten gegenüber ihrem Kunden:

    • Bei Existenzgründungen ist die Bank im Rahmen ihrer Beratungspflicht verpflichtet, ihre Kunden auf günstige öffentliche Darlehen hinzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung darf sich die Bank nicht darauf beschränken, allein die hauseigenen Kreditprogramme darzustellen, sondern muss auch auf die Möglichkeit des Einsatzes günstigerer öffentlicher Förderdarlehen für Existenzgründungen hinweisen. Hat sie dies nicht getan, so haftet sie aus Verschulden bei Vertragsschluss.

    • Hat es eine kreditgewährende Bank versäumt, einen Kunden über die im konkreten Fall bestehenden Nachteile einer Finanzierung mittels Festkredit und Kapitallebensversicherung aufzuklären, ist sie nur zum Ersatz der durch die gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten verpflichtet. Dem Kunden steht darüber hinaus jedoch kein Recht zur Kündigung des Darlehensvertrages zu.

    • Gerichtliche Entscheidungen zur Fallgruppe der Täuschungen durch Dritte beziehen sich fast immer auf Sachverhalte, in denen ein Anlagevermittler tätig war und den Kunden der Bank täuschte. Insoweit muss dann beurteilt werden, ob die Tätigkeit des Anlagevermittlers der Bank zuzurechnen ist. Dies richtet sich in erster Linie nach der gesetzlichen Regelung des § 278 BGB, nach welcher der Schuldner sich das Verschulden seiner Vertreter und der Personen, denen er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, zurechnen lassen muss. Insoweit ist entscheidend, ob die Leistung des Anlagevermittlers als eigene Leistung oder als Vertragsangelegenheit der Bank anzusehen ist. Im letztgenannten Fall muss sich die Bank die mangelhafte Leistung des Anlagevermittlers zurechnen lassen.

    • Liegt zwischen Kreditvertrag und Kapitalanlagevertrag eine wirtschaftliche Einheit vor und kann der Anleger ein Vertragsverhältnis zwischen Bank und Vermittler nicht nachweisen, kann er nur dann vollumfänglich Schadensersatz von der finanzierenden Bank verlangen, wenn ihm der Nachweis der arglistigen Täuschung durch den Vermittler gelingt.

    • Bank- oder Finanzberater, die Anlageempfehlungen geben, müssen auch alle Provisionen offen legen, die sie im Zusammenhang mit der Anlageempfehlung erhalten. Dazu gehören sämtliche Rückvergütungen wie Ausgabeaufschlag, einmalige Rückvergütungen (so genannte Kickback-Zahlungen) oder Rückvergütungen anderer Art, wie zum Beispiel Bestandsprovisionen. Werden nicht sämtliche Provisionen (einschließlich der Kickback-Zahlungen) offen gelegt, hat der Anleger grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz. Die Bank bzw. der Finanzberater muss über die Rückvergütung aufklären, weil der Bankkunde einen Interessenkonflikt der Bank vermeiden möchte. Nur so wird der Anleger in die Lage versetzt, selber zu beurteilen, ob im Vordergrund der Beratung durch die Bank das eigene Umsatzinteresse oder die Empfehlung an den Bankkunden besteht.

  3. Die Bank als Schrottimmobilienfinanzierer

    Hierher sollen die Fälle gehören, die gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einige Besonderheiten aufweisen:

    • Fehlt im Rahmen der s. g. unechten Abschnittsfinanzierung die Gesamtbetragsangabe, so ist der Darlehensvertrag nichtig. Dieser Mangel wird aber durch die Auszahlung geheilt. Das gilt unabhängig davon, ob das Darlehen an den Anleger selbst ausgezahlt wird oder vertragsgemäß unmittelbar dem Fonds bzw. einem Treuhänder zufließt. Anders als nach der bisherigen Ansicht des II. Zivilsenates gilt dies auch im Falle eines verbundenen Geschäfts. Dennoch profitiert der Anleger von diesem Formfehler. Es gelten nämlich nicht die vereinbarten, sondern durch Gesetz angeordnete günstigere Zinskonditionen. Die zu viel gezahlten Zinsen kann der Anleger zurückverlangen. Gerade bei bereits lang laufenden Darlehensverträgen, die oft auf Grundlage zu hoher Zinssätzen abgeschlossen worden sind, wirkt sich diese Neuberechnung der Zinsen positiv für die Anleger aus. Ihnen steht regelmäßig ein unter Umständen hoher Rückzahlungsanspruch zu.

    • Der Widerruf des Darlehensvertrages nach den Haustürwiderrufsregelungen führt in dem Falle, in welchem Darlehensvertrag und finanziertes Geschäft ein Verbundgeschäft darstellen, dazu, dass dem Darlehensgeber kein Zahlungsanspruch gegen den Darlehensnehmer zusteht. Die Rückabwicklung hat hier unmittelbar zwischen Darlehensgeber und Partner des finanzierten Geschäfts (Fondsgesellschaft) zu erfolgen.

    • Im Falle eines so genannten „institutionalisierten Zusammenwirkens“ zwischen den finanzierenden Banken und den Vermittlern wird eine Aufklärungspflicht der Bank widerleglich vermutet. Ein solches Zusammenwirken wird angenommen, wenn die Bank über einen längeren Zeitraum hinweg und in organisierter und routinierter Form mit dem Vermittler und dem Verkäufer der Immobilie zusammenarbeitet. Die Anleger können sich dann unter erleichterten Voraussetzungen auf einen Wissensvorsprung der Bank berufen, der eine Aufklärungspflicht der Bank zur Folge gehabt hätte. Die Aufklärungspflicht wird in diesen Konstellationen widerleglich vermutet. Die Bank muss also darlegen und beweisen, dass sie trotz der Zusammenarbeit mit dem Anlagenvertreiber von dessen unlauteren Methoden nichts wusste.

Jens Reime - Anwalt für Bank- & Kapitalmarktrecht

Rechtsanwalt Jens Reime
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