Schifffonds funken SOS – die Pleitewelle rollt
Lange Zeit waren Schifffonds bei den Deutschen eine recht beliebte Kapitalanlageform. Die Globalisierung und insbesondere die anhaltend hohen Wachstumsraten im asiatischen Raum, vor allem in China, sowie ein in Folge davon rapide expandierender weltweiter Handel beflügelten die Phantasie von Reedern, Emmissionshäusern und Anlegern gleichermaßen. Der Baltic Dry Index, der die Entwicklung der Preise für die Güterverschiffung auf den Weltmeeren auswertet, verzeichnete vor allem in den Jahren nach 2001 einen historischen Höchststand nach dem anderen. Es schien offensichtlich, dass die stetig wachsenden Güterströme zwischen den Kontinenten nach einer leistungsfähigen Schifffahrt verlangten. Die optimistischen Annahmen gingen von vollen Aufträgsbüchern und kontinuierlichen Wachstumsraten über Jahre und Jahrzehnte aus.
Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, dass zur Finanzierung weiterer als notwendig erachteter Schiffskapazitäten vermehrt auch Kleinanleger angesprochen, umworben und ins Boot geholt werden sollten. Zahlreiche Schifffonds wurden von mehr oder weniger erfahrenen Gesellschaften aufgelegt. Was den Anlegern jedoch als Fonds verkauft wurde, waren regelmäßig Beteiligungen an Unternehmen, die in der überwiegenden Zahl in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG organisiert waren. In die Netze gelockt durch vollmundige Versprechungen insbesondere hinsichtlich konstant fließender Renditen und einer verlässlichen Altersvorsorge, wurden die Anleger unwissentlich Unternehmer mit allen damit verbundenen Risiken.
Zum Teil durch Anlegergelder, zum Teil durch Bankdarlehen wurden ein oder mehrere Schiffe erworben. Die durch deren Betrieb erwirtschafteten Gewinne sollten den Anlegern in Form von Ausschüttungen ausgezahlt werden. Der Erfolg eines solchen Unternehmens hängt dabei in erheblichem Maße davon ab, ob ein Schiff durch seine Transporttätigkeit tatsächlich Einnahmen erwirtschaften kann, die über den Ausgaben für die Finanzierung und für die Betriebskosten liegen. Grundlegend dafür ist ein entsprechend freundliches Marktumfeld. Das Unternehmen, und damit in letzter Konsequenz die Anleger, waren dem nur schwer kalkulierbaren Auf und Ab von Marktkräften und somit dem Risiko eines (Total)Verlustes ausgesetzt. Beim Verkauf der Anteile jedoch war in den meisten Fällen darauf verzichtet worden, auf diesen Umstand hinzuweisen. Im Vordergrund standen in der Regel wohlfeile werbliche Versprechungen und optimistische Prognosen.
Im Zuge der Finanzkrise dann brach der bereits angesprochene Baltic Dry Index ein, aus den vorher verzeichneten historischen Höchstständen wurden historische Tiefs. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Sie liegen zum einen in dem nach wie vor nicht überwundenen Einbruch der Weltwirtschaft, der durch die Finanzkrise ausgelöst wurde. Zum anderen zeichnen sich branchenspezifische Probleme verantwortlich. So drücken die im Boom der Nullerjahre massiv aufgebauten Kapazitäten, die bereits in normalen Zeiten zu Marktbelastungen führen würden, nun in der nachhaltigen Flaute Preise und Margen. Diese bedauerliche Entwicklung der allgemeinen Marktlage hat natürlich auch Auswirkungen auf die an Schifffonds beteiligten Kleinanleger. Bei vielen Fonds bleiben Ausschüttungen seit Langem aus, versprochene Renditen können nicht im Ansatz erwirtschaftet werden. Darüber hinaus verringert sich der Wert der von den Anlegern erworbenen Anteile zusehends. Auch die Auszahlung des vormals eingezahlten Geldes ist nicht mehr realistisch. Schlimmer noch: Kann ein Unternehmen seine laufenden Kosten nicht erwirtschaftem, droht früher oder später die Insolvenz. Gerade in jüngster Zeit scheinen sich diese Entwicklungen zu häufen.
Jede Insolvenz bringt die Gefahr mit sich, dass die Anleger ihr Kapital verlieren. Oft gelingt es tatsächlich nur mithilfe eines Fachanwalts, zumindest einen Teil des eingesetzten Geldes zurückzuerhalten. Die Anleger insolventer Schifffonds werden darüber hinaus oft mit Nachzahlungsforderungen konfrontiert. Jens Reime, u.a. Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, beschreibt die hinter dem Zahlungsverlangen der eingesetzten Insolvenzverwalter stehenden rechtlichen Mechanismen:
Zunächst einmal ist es so, dass wir in der Kanzlei Reime in letzter Zeit verstärkt Anfragen von Mandanten erhalten, die von dem Insolvenzverwalter ihres Schifffonds aufgefordert wurden, einen bestimmten Betrag – zum Teil geht es um fünfstellige Summen – an erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen. Oft bleibt es auch nicht bei diesen Aufforderungen. So Anleger den Begehrlichkeiten der Insolvenzverwalter nicht nachkommen, wird auch gerne einmal ein gerichtlicher Mahnbescheid beantragt oder sogar gleich Klage erhoben. Hintergrund dieses Vorgehens ist eine – den Anlegern oft verschwiegene – Regelung des Handelsgesetzbuches, nach der an einem Schifffonds zumeist als Kommanditisten beteiligte Anleger verpflichtet sind, erhaltene Ausschüttungen dann und insoweit zurückzuzahlen, wie diese erfolgten, als der Anteil des Anlegers an dem Fonds durch die Zuweisung von Verlusten oder Entnahmen unter den Betrag seiner Hafteinlage – regelmäßig die Summe, die er investierte – herabgemindert ist. Mit anderen Worten: Wer Ausschüttungen bekommt, obwohl der Wert seiner Beteiligung unter den Wert des Eingezahlten gesunken ist, muss damit rechnen, diese Ausschüttungen in Höhe der Differenz zwischen dem aktuellen Wert der Beteiligung und der eigentlichen, ursprünglichen Beteiligungssumme zurückzuzahlen. Dabei macht es keinen entscheidenden Unterschied, ob der Anleger direkt oder über einen Treuhänder nur mittelbar an einer Schifffonds-KG beteiligt ist. Zumindest de facto unterliegt auch letzterer der aufgezeigten kommanditistischen Haftung.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen, teils dramatischen Entwicklungen besteht für die Anleger in Schifffonds dringender Handlungsbedarf. Zu empfehlen ist zunächst eine fachmännische Überprüfung des Sachverhaltes daraufhin, ob Schadensersatzansprüche bestehen, die ggf. zu einer Rückabwicklung der Beteiligung führen können. Für unsere bundesweite tätige Kanzlei mit Spezialisierung u.a. auf Bank- und Kapitalmarktrecht gehören auf diesem Gebiet geführte juristische Auseinandersetzungen seit Jahren zum Alltag. Rechtsanwalt Jens Reime macht betroffenen Anlegern Mut:
In einer Vielzahl der bisher von mir betreuten Schifffondsfälle konnten für Anleger Erfolge erzielt werden. Ansatzpunkte sind in diesem Zusammenhang etwa eine fehlerhafte Beratung durch die Bank, die den Fonds verkauft hat, oder aber auch Prospektfehler, die häufig darin zu erblicken sind, dass, obschon die wirtschaftliche Lage zur Zeit der Auflage der Fonds für die Schifffahrt historisch einmalig günstig war, diese Ausnahmesituation in den Prognosen als fortdauernd zugrunde gelegt wurde, man also schlicht hätte pessimistischer, damit aber eben auch realistischer kalkulieren müssen.
Auch den Forderungen der Insolvenzverwalter ist man nicht schutzlos ausgeliefert:
Oft ist erst einmal nachzuweisen, dass die zur Begründung vorgelegten Rechenwerke tatsächlich den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben, vor allem aber auch den Tatsachen entsprechen. Weiter ist zu überlegen, ob nicht auch die bei der Beratung des Anlegers gemachten Fehler eine spätere Inanspruchnahme desselben ausschließen. Schließlich dürfte fraglich sein, ob und inwieweit überhaupt Ausschüttungen an Kleinanleger erfolgen durften, wenn man sie nicht zugleich darauf hingewiesen hat, dass es ggf. zu Rückforderungen kommen kann. Gerade darin liegt ja die Dramatik dieser Fälle. Arglose Anleger, die in Erwartung der ihnen versprochenen sorglosen Altersvorsorge ihre mühsam erarbeiteten Ersparnisse in die Fonds gesteckt haben, sind nun nicht nur diese Ersparnisse los, sondern müssen noch Geld nachschießen, das sie vor allem auch deshalb längst verbraucht haben, weil ihnen niemand auch nur ansatzweise einmal vermittelt hat, dass die erhaltenen Ausschüttungen unter gewissen Umständen zurückgefordert werden können.
Allen Betroffenen sei an dieser Stelle dazu geraten, zügig tätig zu werden und damit etwaigen Verjährungsfristen zuvorzukommen. Ist ein Schadensersatzanspruch verjährt, kann er nicht mehr geltend gemacht werden.
Jens Reime
Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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