246 Gläubiger der Geno Wohnbaugenossenschaft eG vertreten: Insolvenzverwalter ausgetauscht, Gläubigerausschussmitglied geblieben und Gläubigerausschuss bestätigt
Für rund 10.000 aktuelle sowie bereits ausgeschiedene Genossenschaftler der GENO Wohnbaugenossenschaft ist der Traum vom Eigenheim nicht mehr zu verwirklichen. Das Insolvenzverfahren der GENO wurde am 1. August 2018 eröffnet. In etwa zur gleichen Zeit begannen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue, Insolvenzverschleppung und gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrug. Da derzeit nur etwas über 100 Genossenschaftler in ihrem Wunschhaus mit einem notariell bestätigten und im Grundbuch vermerkten Optionskaufpreis leben und damit die Erfolgsquote als sehr gering zu bezeichnen ist, besteht überdies der Verdacht auf ein Schneeballsystem.
Die Vorwürfe richten sich gegen zwei ehemalige Mitglieder des Vorstandes sowie ein amtierendes Vorstandsmitglied. Am 12. und 13. September 2018 durchsuchten 25 Ermittler des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg und sechs Staatsanwälte Geschäftsräume des Unternehmens sowie drei Privatwohnungen im Raum Ludwigsburg und im Rems-Murr-Kreis.
Hauptverantwortlich soll der langjährige Vorstandsvorsitzende sein. Gewöhnlich obliegt die Leitung einer Genossenschaft dem Vorstand, dem ein Aufsichtsrat in überwachender und beratender Funktion zur Seite steht. Ein Mitglied des Aufsichtsrates, das sich selbst in Privatinsolvenz befindet und Leistungen für die Genossenschaft über die Firma der Tocher (GenoBusinessAkademie UG (haftungsbeschränkt)) abrechnet, ließ die Tätigkeit des Vorstandsvorsitzenden durch eine Anwaltskanzlei prüfen. Es konnten wissentliche Pflichtverletzungen festgestellt werden, wobei nach Ansicht oben erwähnter Kanzlei nicht nur die Vorstände, sondern auch die Aufsichtsräte in der Pflicht stehen und haftbar gemacht werden können.
Zum Insolvenzverwalter wurde RA Dr. D. Haffa bestellt. In seinem Auftrag wurde für die D&O-Versicherung der GENO, die Vorstände sowie die Aufsichtsräte die gleiche Anwaltskanzlei in Anspruch genommen. Zu diesem Zeitpunkt begann unsere Kanzlei im Auftrag von 242 Anlegern mit einer Überprüfung der Sachlage. Am 15. Oktober 2018 kam es zur Absetzung Dr. Haffas und zur Neuwahl RA R. Schefflers als Insolvenzverwalter. Der amtierende Gläubigerausschuss wurde bestätigt.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart (165 Js 18551/15) richtete in zwei Anschreiben die folgenden Fragen an die Anleger, die auch für für unsere Kanzlei zur bestmöglichen Betreuung unserer Mandanten von Bedeutung sind und um deren Beantwortung wir daher bitten.
Fragebogen vom 5.11.2018
Frage 1: Wann haben Sie Ihre Mitgliedschaft bei GENO eG gekündigt?
Frage 2: Sind Sie zur Mitgliederversammlung am 01.10.2014, auf der die Einführung eines sogenannten „Mindestkapitals" beschlossen wurde, eingeladen worden?
Frage 3: Falls Sie eingeladen wurden: Haben Sie an der Versammlung teilgenommen?
Frage 4: Falls Sie eingeladen wurden, am 01.10.2014 aber nicht teilgenommen haben: Warum haben Sie nicht teilgenommen?
Frage 5: War Ihnen bewusst, dass die Einführung des „Mindestkapitals" für Mitglieder, die zwar gekündigt hatten, aber noch nicht endgültig aus der GENO ausgeschieden waren, nachteilige Folgen haben konnte?
Frage 6: Haben Sie Ihr Auseinandersetzungsguthaben mittlerweile vollständig erhalten? Falls nicht: Welcher Betrag ist noch offen?
Fragebogen vom 23.01.2019
Frage 1: Wie wurden Sie auf die GENO eG aufmerksam? Wie ist es dazu gekommen, dass Sie GENO-Mitglied geworden sind?
Frage 2: Wer war Ihr persönlicher Ansprechpartner bei der GENO? Wie hatten Sie Kontakt (persönlich, telefonisch, per E-Mail?)
Frage 3: Was wurde Ihnen über die Vorteile und über die Risiken einer Mitgliedschaft bei der GENO erzählt? Von wem?
Frage 4: Welchen Zweck haben Sie mit Ihrer Mitgliedschaft verfolgt? (z.B. „Mietkauf" einer Immobilie, Kapitalanlage oder anderes?)
Frage 5: Warum haben Sie sich für die Mitgliedschaft bei der GENO entschieden?
Frage 6: Wann sind Sie der GENO beigetreten?
Frage 7: Mit welchem Betrag sind Sie der GENO beigetreten? (Gemeint sind nicht die tatsächlich erfolgten Zahlungen, sondern die Gesamtsumme ihrer Geschäftsanteile. Falls Sie mehrere Mitgliedschaften erworben haben, geben Sie bitte den Betrag und das Datum der einzelnen Beteiligungen an.)
Frage 8: In welcher Gesamthöhe haben Sie bis zum 03.05.2018 tatsächlich Einzahlungen auf Ihre Mitgliedschaft/Ihre Geschäftsanteile vorgenommen? Bitte geben Sie an, wann Sie auf welches Konto und in welcher Höhe Gelder überwiesen haben.
Frage 9: Wurde mit Ihnen vor Ihrem Beitritt über die wirtschaftliche Verfassung der GENO gesprochen? Falls ja: Was wurde Ihnen erzählt, durch wen?
Frage 10: Falls Sie über die GENO einen Immobilienerwerb realisieren wollten: Was wurde Ihnen bezüglich des Zeitraums gesagt, der nach Ihrem Beitritt und der Leistung der Einlage bis zur Bereitstellung der Immobilie (also z.B. bis zum Einzug oder bis zum Bau) verstreichen wird? Durch wen?
Frage 11: Wurde mit Ihnen darüber gesprochen, was passiert, wenn Sie die Mitgliedschaft kündigen? Falls ja: Was wurde Ihnen durch wen gesagt?
Frage 12: Wurde Ihnen erläutert, dass zum Zeitpunkt Ihres Beitritts die Ansprüche der zum 31.12.2013 ausgeschiedenen Genossen zu einem großen Teil noch nicht befriedigt waren? Wurde Ihnen erklärt, was das für Sie bedeutet, wenn Sie Ihre Mitgliedschaft kündigen? Falls ja: Durch wen?
Frage 13: Haben Sie Ihre Mitgliedschaft mittlerweile gekündigt? Falls ja: Wann?
Frage 14: Falls Sie gekündigt haben: Haben Sie Ihr Auseinandersetzungsguthaben mittlerweile ausgezahlt bekommen? Falls nicht: Welche Beträge sind offen?
Frage 15: Wurden Sie zu den Mitgliederversammlungen eingeladen, die während Ihrer Mitgliedschaft stattfanden? (Nach dem 1. Januar 2015 fanden Versammlungen am 22. Juni 2015, am 17. Dezember 2015, am 30. Juni 2016 und am 19. Oktober 2017 statt).
Frage 16: Wurde Ihnen erklärt, wie die GENO eG ihr Geld erwirtschaftet?
Frage 17: Hatten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt Kontakt mit Jens Meier, Gerald Schäfer und/oder Martin Däuber? Ggf. in welchem Zusammenhang?
Frage 18: Möchten Sie noch etwas anmerken, was bislang nicht gefragt wurde?
Ein Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 8. März 2017 (1 StR 466/16 (Zitat Rz. 28)) den Themenkomplex CSA betreffend kann sich möglicherweise für die GENO-Anleger positiv auswirken. Es wird bestimmt, dass von seiten der Vorstände und Aufsichtsräte eine Mitteilungsprflicht den Ratenzahlern gegenüber besteht, wenn es zu fragwürdigen geschäftlichen Aktivitäten gekommen ist. Das Gericht formuliert u.a. wie folgt:
Die Aufklärungspflicht bestand während des gesamten Zeitraums der gesellschaftsvertraglichen Bindung der Anleger als an den Fondsgesellschaften Beteiligte und nicht nur im Zeitpunkt der Anlageentscheidung. Jedenfalls unter den vorliegenden konkreten Verhältnissen von Fondskonzepten mit fortlaufenden Einzahlungen der Anleger in das Gesellschaftsvermögen blieb die im Gesellschaftsrechtsverhältnis wurzelnde Vertrauensbeziehung aufrechterhalten. Treten während des Zeitraums der Beteiligung Änderungen derjenigen tatsächlichen Umstände ein, die vermögensbezogen für die Anlageentscheidung maßgeblich waren, müssen die Anleger darüber informiert werden, um ihnen wegen der weiterhin periodisch erfolgenden Zahlungen auch zukünftig eine aufgeklärte Disposition über ihr Vermögen zu ermöglichen. Zu diesen Umständen gehören jedenfalls Schädigungen der Gesellschaftsvermögen, die - was das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - dazu führen, dass die Beteiligung an der Fondsgesellschaft nicht mehr die bei Aufnahme der Beteiligung versprochenen Zwecke des Vermögensaufbaus und der Altersvorsorge erreichen kann.
Jens Reime
Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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