Widerruf von Darlehensverträgen wegen missverständlich formulierter Widerrufsbelehrung: Montranus Fonds III–Anleger bekommen vor OLG Dresden recht

Bereits mehrfach haben wir über Erfolge bezüglich des Widerrufs von Darlehensverträgen berichtet, die aufgrund fehlerhaft formulierter Widerrufsbelehrungen der darlehengebenden Bank zustande kamen. Obwohl es in diesen Fällen in der Regel darum ging, mit Darlehen finanzierte Medienfondsanteile zurückzugeben, lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse auf alle Widerrufsbelehrungen anwenden, die den gleichen Mangel aufweisen. Im Speziellen geht es um die Verwendung des Adverbs "frühestens" in Bezug auf den Beginn der Widerrufsfrist.

In seinem Beschluss vom 30. August 2016 (Az.: 8 U 1056/16) stimmte das Oberlandesgericht Dresden dem Urteil des Landgerichts Zwickau vom 10. Juni 2016 (Az.: 7 O 734/15) zu und verlieh seinem Entschluss Ausdruck, die von der Bank eingelegte Berufung durch Beschluss zurückzuweisen.

In seinem Beschluss vom 1. September 2016 (Az.: 8 U 579/16) stimmte das Oberlandesgericht Dresden dem Urteil des Landgerichts Leipzig vom 24. März 2016 (Az.: 8 O 2463/14) zu und verlieh seinem Entschluss Ausdruck, die von der Bank eingelegte Berufung durch Beschluss zurückzuweisen.

Von besonderem Interesse war dabei die Frage nach der Verwirkung des Widerrufsrechts. Als maßgeblich sind die folgenden Ausführungen des Gerichts zu betrachten, die sich im Übrigen den der auf Basis aktueller Urteile des Bundesgerichtshofes formulierten Rechtsausführungen unserer Kanzlei anschließen:

Unabhängig davon musste die Beklagte spätestens nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09. 12.2009 (VIII ZR 219/08) mit Widerrufen der Anleger an den MONTRANUS-Fonds rechnen. Sie hatte es dabei in der Hand, Rechtssicherheit durch formwirksame Nachbelehrung gemäß § 355 Abs. 2 BGB a.F. zu schaffen. Hätte sie dies getan, hätte sie nach Ablauf der dann beginnenden Widerrufsfristen Gewissheit und Sicherheit bezüglich all derjenigen Anleger gehabt, die darauf keinen Widerruf erklärten. Unabhängig von der Frage, ob man das Unterlassen einer Nachbelehrung für unredlich hält - was für sich allein dann schon einer Verwirkung entgegenstehen würde - hindert jedenfalls die Kenntnis der Beklagten davon, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wurde, das Entstehen eines Vertrauens darauf, dass die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt keinen Widerruf mehr erklären werde (Senat, Urteil vom 23. 10.2014 -8 U 450/14; Urteil vom 11 .06.2015 - 8 U 1760/14; Beschluss vom 28.01 .2016 - 8 U 1409/15). In diesem Kontext scheidet ein schutzwürdiges Vertrauen überdies schon deshalb aus, weil die beklagte Bank die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilte (BGH, Urteil vom 24.02.2016 - IV ZR 142/15; Urteil vom 23.03.2016- IV ZR 122/14).          

Auch eine Rückerstattung oder eine Anrechnung von Steuervorteilen sah das Gericht als nicht gegeben an:

Im vorliegenden Fall rechtfertigt allein die anfänglich hohe Verlustzuweisung nicht die Annahme eines außergewöhnlichen, anzurechnenden Steuervorteils. Die Klägerin hat  vorgetragen und durch Vorlage der Steuererklärungen (Anlage K 5) belegt, dass nach hohen Verlustzuweisungen zu Beginn der Beteiligung nachfolgend Gewinnzuweisungen erfolgten, welche Steuerabführungen bedingten und damit die ursprünglichen Verlustzuweisungen weitgehend kompensierten, sodass insgesamt lediglich ein Steuervorteil  in der Größenordnung von ca. 13.000,00 Euro verblieben ist. Dieser Betrag stellt sich entgegen der Auffassung der Beklagten vorliegend nicht als außergewöhnlich hoch im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dar. Hinzu kommt, dass die infolge der Verurteilung an die Klägerin zu leistenden Zahlungen ihrerseits der Besteuerung unterliegen. Die geschuldete Rückabwicklung unterfällt bei der Klägerin der Einkommensbesteuerung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, weil sie aus der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt (BGH, DStR 2014, 707, Rn. 15; Senat, Beschluss vom 28.01.2016 - 8 U 1409/15). Auf die im Ergebnis zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil kann Bezug genommen werden. Zugleich verweist der Senat ergänzend auf die im von der Klägerin vorgelegten Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 13.01.2016 (5 U 3559/15) enthaltenen Erwägungen.

Im Ergebnis ist ein Widerruf rechtlich möglich, und die Anleger erhalten ihre Einlagen abzüglich der bereits erfolgten Ausschüttungen und die Rechtsschutzversicherung ihre Kosten zurück.

Jens Reime
Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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