Landgericht München I (22 O 23064/07) 11.12.2008: Prospekthaftungsansprüche für Kapitalanleger: Anleger sollten ihre Fondsprospekte überprüfen

Für mehrere Anleger des geschlossenen Immobilienfonds ARCAP Beteiligungsverwaltung GmbH & Co. COLUMBUS Immobilien-Fonds VII „Dresden, Berliner Straße“ KG verurteilte am 11.12. 2008 das Landgericht München I (22 O 23064/07) einen Gründungsgesellschafter dieses Fonds auf Schadensersatz und Freistellung von Verbindlichkeiten an die Anleger. Damit bestätigte das Gericht nach den Hinweisbeschlüssen vom 25.04.2008 nochmals die Rechtsauffassung von Rechtsanwalt Jens Reime zum Prospektfehler, zur Haftung des Gründungskommanditisten und zur Frage der Verjährung.

Gründe: Der Fondsgesellschaft gehört eine Immobilie in Dresden Friedrichstadt. Hauptmieter ist u.a. der Freistaat Sachsen für das Amts-, Arbeits- und Sozialgericht Dresden. Der Fonds mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von DM 101.900.000,00 nahm Sonderabschreibungen nach § 4 Fördergebietsgesetz in Anspruch. Demzufolge konnten die 549 Gesellschafter fast 100 % ihrer Nominaleinlage schon in den ersten beiden Jahren nach Beitritt zum Fonds von der Steuer absetzen. Die zumeist vermögenden Gesellschafter bekamen daher rund 50% ihres investierten Kapital vom Finanzamt zurück bzw. ersparten sich entspr. Steuerzahlungen. Aus Sicht der Anleger sollten dann ihre Beteiligungen durch die Auszahlung von Ausschüttungen in die Gewinnzone geführt werden können. Hinsichtlich des Risikos, die Ausschüttungen an die Gläubiger des Fonds und im Falle der Insolvenz des Fonds an den Insolvenzverwalter zurück zahlen zu müssen, fand sich im Prospekt folgende allgemeine Formulierung auf Seite 28:

„ Ist die Einlage voll geleistet, kann die Haftung nur insoweit wieder aufleben, als den Anlegern Teilbeträge ihrer Einlagen im Rahmen von Ausschüttungen/ Entnahmen zurückgewährt werden“

Der Fondsprospekt kalkulierte mit den Ausschüttungen und den Steuerrückflüssen Rentabilitätsbetrachtungen für Steuersätze von 40 und 53%, so dass Vorsteuerrenditen von 14,7 bis 22,6 % dargestellt werden konnten.

Die Anleger mussten daher glauben, die prospektierten Ausschüttungen wären Gewinne. Bis heute bekamen die Gesellschafter 34,05 % ihrer Nominaleinlage in Form von Ausschüttungen zurück. Diese Darstellungen stellten nach dem Landgericht München I einen Prospektfehler dar. Denn aufgrund der hohen Verlustzuweisungen war der Fonds von Beginn an unterbilanziert und konnte gar keine Gewinne sondern nur haftungsträchtige Entnahmen zahlen. Dieses systemimmanente Haftungsrisiko wird im Prospekt nur allgemein und nicht konkret genug dargestellt. Es macht eben einen Unterschied ob die Haftung nach §§ 171Abs.2 und 172 Abs.IV HGB im Konjunktiv oder im Indikativ beschrieben wird. Folglich wurde der Gründungsgesellschafter und Fondsgeschäftsführer des Fonds zum Ersatz des Schadens der Anleger verurteilt. Freistellung von der Haftung für die rückzahlbaren Ausschüttungen gehört hierzu ebenso wie die Zahlung von Geldbeträgen unter Berücksichtigung der individuellen Steuervorteile.

Diese Urteile helfen nicht nur den Anlegern der Columbus – Fonds der ARAG – Lebensversicherung AG. Allgemeine und wenig konkrete Warnhinweise sind in vielen anderen Fondsprospekten insbes. der Falk-Gruppe enthalten. Die haftungsträchtige Kombination aus Verlustzuweisungen bei gleichzeitiger Zahlung von Ausschüttungen wurde vielfach vertriebsoptimiert gar nicht oder nur verschleiert dargestellt.

Jens Reime - Anwalt für Bank- & Kapitalmarktrecht

Rechtsanwalt Jens Reime
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