Kammergericht Berlin (27 U 153 / 06): Urteil zugunsten eines Anlegers wegen Prospektdarstellungen zur Anschlussförderung

Durch das Land Berlin wurde ab 1972 der soziale (Miet-)Wohnungsbau auf dem sogenannten 1. Förderweg für sozial schwache Bevölkerungsschichten gefördert. Es wurden hierfür Aufwendungshilfen aus öffentlichen Mitteln bereitgestellt, um die Lücke zwischen der sogenannten Kostenmiete und Sollmiete auszugleichen.Nach der am 1. Januar 1977 in Kraft getretenen Richtlinien über die Föderung des sozialen Wohnungsbaus in Berlin (WFB 1977) vom 28. Juli 1977 wurden die Aufwendungshilfen als degressive Aufwendungszuschüse und -darlehen durch die dafür zuständige Bewilligungsstelle der Wohnungsbaukreditanstalt Berlin (WBK –später: Investitionsbank des Landes Berlin - IBB) geleistet.

In Nr. 42 Abs. 2 WFB 1977 war vorgesehen, dass die Aufwendungshilfen vom Anfang des Monats der mittleren Bezugsfertigkeit für die Dauer von 15 Jahren, längstens jedoch bis zur planmäßgen Tilgung der zur Deckung der Gesamtkosten in Anspruch genommenen Fremdmittel gewährt werden.

Für die im 1. Förderweg geförderten Wohnungen hatte sich das Land Berlin in der Vergangenheit regelmäßig dafür entschieden, nach Ablauf von 15 Förderjahren (Förderphase I - „Grundförderung“ -) eine Föderung für weitere 15 Jahre anzuschließen (Föderphase II - „Anschlussförderung“ -). Die Förderung sollte eine ausreichende Wohnungsversorgung aller Bevölkerungsschichten entsprechend den unterschiedlichen Wohnbedürfnissen ermöglichen und diese namentlich für diejenigen Wohnungssuchenden sicherstellen, die hierzu selbst nicht in der Lage sind (§ 1 Abs. 2 Satz 2 II. WoBauG). Die Förderung erfolgte zu 2/3 als verlorener Zuschuss, der eine steuerpflichtige Einnahme darstellt, und in Höhe von 1/3 als Aufwendungsdarlehen. Während die Rechtmäßigkeit der Versagung der Anschlussförderung für weitere 15 Jahre lange Zeit umstritten war, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 11. Mai 2006 - 5 C 10.05 – nunmehr zugunsten des Landes Berlin entschieden

Danach ist es zulässig, wenn das Land Berlin nach Auslaufen der sog. 15-jährigen Grundförderung keine Anschlussförderung mehr bewilligt. Der Subventionsempfänger müsse grundsätzlich damit rechnen, dass bei Eintritt grundlegender Änderungen der allgemeinen Rahmenbedingungen die Subventionen gekürzt oder eingestellt werden, so das Bundesverwaltungsgericht. Gerade im Bereich der staatlichen Wohnungsbauförderung könne der Einzelne nur eingeschränkt auf das unveränderte Fortbestehen einer günstigen Rechtslage vertrauen. Mit dem Wegfall der Anschlussförderung sind die betroffenen Berliner Fonds nicht überlebensfähig. Für die Anleger ist dieses eine bittere Pille, nicht nur deshalb, weil sie mit einer Insolvenz ihre eingezahlte Einlage verlieren dürften, sondern auch aus dem Grunde, weil die Fonds überwiegend in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgestaltet sind und ausdrücklich eine Nachschussverpflichtung vorgesehen ist

Das Kammergericht Berlin urteilte nunmehr über Darstellungen der Berliner - Anschlussförderung in einem Fondsprospekt :

Nach den Feststellungen des Kammergerichtes suggeriert der Fondsprospekt den Anlegern, dass eine Rechtsanspruch auf Anschlussförderung für den Fonds bestehe. Tatsächlich bestand eine solcher jedoch nie, wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 11.05.2006 (5C 10/05) feststellte.

Verurteilt wurde ein Gründungsgesellschafter welcher nunmehr den Anleger von Verpflichtungen anlässlich der Fondsbeteiligung freistellen muss. Das heißt, dieser muss dem Anleger seine anteiligen Schulden bei Banken und sonstigen Gläubigern bezahlen, für die dieser nach den Grundlagen zur akzessorischen Haftung von BGB-Gesellschaftern haftet. Eine Rückzahlung von Eigenkapital kam vermutlich deswegen nicht in Betracht, weil er dieses über Steuerrückerstattungen schon zurückbekommen hatte.

Anleger sollten daher überprüfen lassen, ob die Formulierungen in ihren jeweiligen Fondsprospekten ebenso missverständlich und irreführend sind.

Jens Reime - Anwalt für Bank- & Kapitalmarktrecht

Rechtsanwalt Jens Reime
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