Versicherung muss zahlen: OLG Hamm 3.11.2010 Az.:I 20 U 38/10 - Ein großer deutscher Versicherer muss einen Brandschaden doch bezahlen
Streitgegenständlich war eine Brandschadenversicherung für ein Gebäude die über einen Versicherungsmakler als Vertreter des Versicherungsnehmers mit einem großen deutschen Versicherer zustande kam. Der Versicherer war der Auffassung den Brandschaden am Gebäude des Versicherungsnehmers nicht bezahlen zu müssen, weil ihm eine brandgefährliche Nachbarbebauung vor Vertragsschluss nicht mitgeteilt worden ist.
Der Fall: Der Versicherungsvertrag wurde dadurch vorbereitet, dass ein Versicherungsmakler im Auftrag des zukünftigen Versicherungsnehmers von sich aus einen Besichtigungsbericht mit den wichtigsten Angaben zum zu versichernden Objekt beim Versicherer einreichte. Der Makler war in diesem Geschäft der Industrieschadensversicherungen erfahren und wusste worauf es bei der Versicherung von Grossrisiken geht - der Schaden belief sich auf bis zu 80 Millionen €uro. Zu versichern war hier ein Betriebsgelände eines Badarmaturenherstellers welches in Nachbarschaft zu einer Gießerei und einem Chemiewerk stand. In Ziffer 6 des Besichtigungsbogens stand die Frage nach der Nachbarbebauung, welche fälschlich mit „nein" beantwortet wurde, weil man am Computer versehentlich im betreffenden Formular ein Häckchen setzte.
Die Grundlage: §19 Abs.1 VVG lautet auszugsweise:
(...)
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen.
.....
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(...)
Da aber ein Versicherungsmakler Vertreter des zukünftigen Versicherungsnehmers ist und nicht des Versicherers, konnte der Besichtigungsbericht nicht als Fragen des Versicherers in Textform bezeichnet werden. Der Versicherer muss zahlen, weil ihm kein Rücktrittsrecht wegen der falschen Antwort gemäß §19Abs.II VVG zusteht.
Folge: Für Versicherungsverträge, welche nach dem neuen Versicherungsvertragsgesetz ( VVG ) ab 1.01.2008 entstanden sind gilt im Gegensatz zu Altverträgen keine spontane Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers mehr für ihm bekannte Gefahrumstände, welche für den Entschluss des Versicherers wichtig sein könnten. Der Versicherer muss hiernach in Textform fragen! Versicherungsmakler sind im Gegensatz zum Versicherungsvertreter beauftragte der zukünftigen Versicherungsnehmer. Deren Fragen ersetzen keine Fragen des Versicherers. Sind die Antworten hierzu falsch, kann der Versicherer im Schadensfall nicht vom Vertrag zurücktreten.