Emissionsprospekt MS „AMANDA" Schifffahrts GmbH & Co KG falsch

Allgemeine Informationen zum Fonds

Aufstellung Verkaufsprospekt: September 2005 (Gesellschaftsvertrag Fassung vom 02.05.2005)
Kündigung (Kommanditkapital) erstmals möglich:
zum 31.12.2017 (Prospekt S.2)
zum 31.12.2018 (Kommanditgesellschaftsvertrag S.10; Widerrufsbelehrung)
Laufzeit: rund 14 Jahre
Investitionsvolumen: EUR 18.752.406
Eigenkapital/Kommanditkapital: EUR 3.602.000
Eigenkapital/Kommanditkapital Gründungsgesellschafter: EUR 500.000
Stille Beteiligung: EUR 2.500.000 (Wandlungsrecht für EUR 1.000.000)
Fremdkapital: EUR 12.150.406 (USD 14.945.000)
Gründungskosten EUR 1.075.682
Darlehensgeber: NORD/LB
Investitionsobjekt: Containerschiff (Baujahr 2000) 787 TEU 12.600 dwt
Verkäufer: SITC (Hong Kong)
Kaufvertrag: 05.08.2005
Kaufpreis: USD 21.35 Mio. (EUR 17.357.724)
Übernahme: September 2005
Geplanter Verkauf: 2019
Prognostizierter Verkaufserlös: siehe Prospekt S.16/17
Reeder: Reederei Wilfried Waller
Charterer: SITC Container Lines Co. Ltd. (SITC Maritime Group Co. Ltd.)
Chartervertrag: wahrscheinlich identisch mit Kaufvertrag = 05.08.2005
Charterlaufzeit: 3 Jahre ab Übernahme
Charterrate: USD 13.000 (Brutto) pro Tag
Anschlusscharterrate (kalkuliert): USD 10.000 (Brutto) pro Tag und 1% Steigerung (ab 2010)
Platzierungsgarantie HBC Hanseatisches Beteiligungs Contor GmbH
Wechselkurs kalkuliert: 1,23 $/€ (2005)
1,20 $/€ (2006)
1,18 $/€ (2007)
1,15 $/€ (2008)
1,10 $/€ (ab 2009)

Prospektmängel

1. Prognosen entgegen der Prospektdarstellung unbegründet optimistisch
Prospekt S.4:
In den dem Beteiligungsangebot zugrunde liegenden Kalkulationen ist die Gesellschaft nach Ablauf der Festcharterperiode trotz positiver Markteinschätzung aus Gründen kaufmännischer Vorsicht von einer Weitervercharterung in Höhe von nur USD 10.000,-/Tag und inflationsbedingter Steigerung von nur 1,0 % p.a. ausgegangen.

Aus kaufmännischer Vorsicht wird eine Anschlussrate von „nur“ USD 10.000/ Tag kalkuliert

Das klingt vor dem Hintergrund einer deutlich höheren 36-Monate Festcharterrate von USD 13.000/ Tag zunächst einmal plausibel. Es ist aber hier, aufgrund der besonderen Markt-Situation bei Vertragsabschluss, nicht der Fall. Die Prognose von USD 10.000/ Tag war extrem optimistisch, auf lange Frist sogar unrealistisch und stellt das Gegenteil „kaufmännischer Vorsicht“ dar.
Bei einem Blick auf die Charterratenentwicklung (02-1993 bis 09-2005) von Feeder-Containerschiffen wird deutlich, dass der Chartervertrag zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, auf dem das Charterraten-Niveau im historischen Vergleich einmalig hoch war. Die Durchschnittscharterrate von 725-TEU Containerschiffen lag zwischen Februar 1993 und September 2005 bei rund US$ 7.790 pro Tag.
Die im Prospekt kalkulierte Anschlusscharterrate von US$ 10.000 pro Tag liegt damit weit über dem langfristigen Raten-Durchschnitt dieser Schiffsklasse.
Sogar die Durchschnittscharterrate von deutlich größeren Handysize-Containerschiffen (1000 TEU) lag zwischen 1993-2005 unter US$ 10.000/ Tag (bei rund US$ 9.950, siehe Clarksons SIN TS 16835).

2. Irreführender Vertrauensbeweis
Die Prospektverantwortlichen werben mit der „hohen Eigenbeteiligung des Reeders“ und der „weitgehend erlösabhängigen Vergütung“, S.2:

Durch die hohe Eigenbeteiligung des Reeders und die weitgehend erlösabhängige Vergütung wird die Zuversicht und das Vertrauen in den erwarteten wirtschaftlichen Erfolg dokumentiert.“
„Eine Besonderheit dieses "Private Placements" liegt in der hohen Eigenbeteiligung der Initiatoren, von € 500.000,-
.“

Die Eigenkapitalbeteiligung kann sowohl in absoluter Höhe (T€ 500), als auch in relativer Höhe (7,6% des gesamten EK (Kommanditkapital + stille Beteiligung)) nicht als besonders hoch eingestuft werden.
Beispielsweise beteiligte sich die große Containerschiff-Reederei Claus-Peter Offen Anfang 2006 mit rund EUR 20 Mio. an den Ein-Schiffgesellschaften des MPC Containerschiff-Fonds Offen-Flotte
(Santa-B Schiffe) was rund 10,2% des EK entsprach. Insbesondere vor dem Hintergrund der garantierten Provisionen in der Investitionsphase, in der Festcharterzeit und danach ist diese Beteiligungshöhe nicht als „Vertrauensbeweis“ einzustufen:

Die Initiatoren erhalten EUR 924.000 (oder Teile davon) als „Vorlauf- und Gründungskosten“ für:

Marketing / Vertrieb / Konzeption / Prospekt / Dienstleistungen des Reeders

Daneben erhält die persönlich haftende Gesellschafterin eine monatliche Pauschale in Höhe von EURO 8.865 für die ersten 36 Monate beginnend mit dem Jahr 2005 = EUR 319.140 insgesamt.
Dazu kommt die Bereederungsvergütung i.H.v. 4,5 % der Bruttoerlöse. Allein in der Festcharterzeit entspricht das rund USD 637.650 (rund EUR 518.000 bei einem Wechselkurs von $/€ 1,23).
Außerdem erhält die persönlich haftende Gesellschafterin für ihre geschäftsführende Tätigkeit, sowie die Übernahme der persönlichen Haftung eine Vergütung in Höhe von 4,50 % aller eingefahrenen Bruttofrachten (die Existenz dieser Provision ist unklar, siehe Punkt 6 dieser Analyse). In der Festcharterzeit entspricht das rund USD 637.650 (rund EUR 518.000 bei einem Wechselkurs von $/€ 1,23).

In den ersten 3 Jahren während der Festcharterzeit (in welcher die Erlöse relativ sicher sind) belaufen sich die gesamten Provisionen/Vergütungen für die Initiatoren auf einen Betrag der mindestens 3x so hoch ist, wie deren Kommanditbeteiligung.

Von einem „Vertrauensbeweis“ zu sprechen, ist angesichts dieser Zahlen eher irreführend.
Vielmehr ist das Engagement der Initiatoren als, aus ihrer Sicht, risikoarm einzustufen, da der Beteiligungshöhe i.H.v. T€ 500 Provisionen und Vergütungen gegenüberstehen, die ein Vielfaches dieses Betrages ausmachen.

3. Irreführende Beschäftigungssicherheit
Prospekt S.4:
Die Beschäftigung des Schiffes ist der zentrale Punkt für eine Investitionsentscheidung.“
Prospekt S.9:
Die Risiken der Schifffahrt liegen vornehmlich in beschäftigungslosen Zeiten. Schlimmstenfalls kann der gesamte Gesellschaftsanteil verloren gehen.
Dieses Risiko wird durch die bestehende Charter deutlich gemindert
.“

Der 3-Jahre Chartervertrag mit SITC wird als deutliche Risiko-Minderung dargestellt.

Charterverträge können die Sicherheit der Investition steigern, entscheidend sind die Bonität des Charterers und die Laufzeit des Chartervertrages.
Der Chartervertrag mit SITC läuft ab Übernahme 3 Jahre, also bis September/Oktober 2008.
Zum Ablauf des Chartervertrages (Sept. 2008) sollten gemäß Liquiditätsrechnung erst 8% ausgeschüttet worden sein (8% Ende 2007), der Darlehensstand bei rund US$ 9.8 Mio. liegen und das Darlehen damit um rund 35% getilgt worden sein.

Vom Zeitpunkt des Auslaufens des Chartervertrages ist es noch ein sehr langer Weg bis man von „Sicherheit“ sprechen kann.
Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Prospektverantwortlichen der Auffassung sind, dass das Risiko durch den (relativ kurzen) Chartervertrag „deutlich gemindert“ werden kann.

Das Investitions-Risiko wird durch den Chartervertrag ein klein wenig gemindert, aber eine deutliche Minderung des Risikos oder gar eine zentrale Grundlage für eine Investitionsentscheidung ist durch den Chartervertrag nicht gegeben.

4. Währungsprognosen unvorsichtig und sehr optimistisch
Die Initiatoren werben mir damit, die Charterraten-Prognosen unter „kaufmännischer Vorsicht“ gemacht wurden:
„In den dem Beteiligungsangebot zugrunde liegenden Kalkulationen ist die Gesellschaft nach Ablauf der Festcharterperiode trotz positiver Markteinschätzung aus Gründen kaufmännischer Vorsicht von einer Weitervercharterung in Höhe von nur USD 10.000,-/Tag und inflationsbedingter Steigerung von nur 1,0 % p.a. ausgegangen.
Abgesehen davon, dass Charterraten-Prognosen von USD 10.000/Tag nicht als kaufmännisch vorsichtig zu bewerten sind (siehe 1.), hat man diesen Grundsatz der kaufmännischen Vorsicht bei den Währungsprognosen offenbar nicht mehr verfolgt. Es wird, vollkommen unbegründet, eine Wechselkursentwicklung prognostiziert, die positive Auswirkungen auf den EUR-Kapitalrückfluss gehabt hätte.


Folgen

Im Ergebnis kann vom Vorliegen von Prospektfehlern ausgegangen werden. Den Anlegern stünden demnach gegenüber den Prospektverantwortlichen  Prospekthaftungsansprüche zu.

Entsprechende Vorbereitungen für Sammelklagen werden derzeit in der Kanzlei Reime getroffen.

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Jens Reime - Anwalt für Bank- & Kapitalmarktrecht

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