Die BaFin ist in Deutschland die wichtigste Organisation zur Überwachung der nationalen Finanzmärkte. Auch in Europa hat die BaFin sehr viel Macht und kann mit ihren Entscheidungen die Geschäftsprozesse von europäischen und nationalen Banken beeinflussen, und sogar stoppen. Dabei stehen der BaFin verschiedene Werkzeuge zur Verfügung. Im Zuge der aktuellen Ukraine-Krise trat ein sehr seltener Fall ein. Da verschiedenen Kreditinstituten aus Russland durch den Ausschluss des Zahlungssystem SWIFT der Zugang zum europäischen Markt verweigert wurde, musste die BaFin auf eine breite Palette ihrer Möglichkeiten zurückgreifen und diese aktivieren. Doch welche Konsequenzen hat der Einsatz der einzelnen Werkzeuge, und wie wirkt sich das auf die Bankhäuser der VTB Bank und der Sberbank aus?
Was ist die BaFin und was kann diese Organisation?
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ist in Deutschland das mächtigste Organ im Bankensektor. Sie ist zuständig für die Überwachung, die Kontrolle und im gegebenen Fall die Durchsetzung von Sanktionen im Finanzbereich. Darüber hinaus erfüllt sie eine ganze Reihe von weiteren wichtigen Funktionen im Finanzdienstleistungssektor. Die Notwendigkeit der Oganisation ergibt sich aus dem volkswirtschaftlichen Interesse an einem funktionieren Banken- und Versicherungssystem. Ohne entsprechende Sicherheiten wäre eine gesamte Volkswirtschaft an sich nicht tragbar und würde zusammenbrechen. Das Aufgabenfeld der Behörde geht dabei weit über die Kontrolle, sowie die Sanktionierung hinaus. Sie prüft Banken und Versicherungen, deren Produkte und deren Dienstleistungen und überwacht die Ausgabe von Wertpapieren. Ebenso gehört die Überwachung der Einlagensicherung zu den Kernaufgaben. Die Behörde arbeitet dabei immer anhand der aktuellen Rechtssprechung und ist nicht in der Lage eigenes Recht zu setzen. In der Vergangenheit war die Institution häufig in der Kritik, weswegen ihr Aufgabenfeld und die personelle Ausstattung in der letzten Zeit noch einmal deutlich erweitert wurden. Sie gehört heute mit zu den größten Bundesanstalten und verfügt über eine hochwertige Personalsstruktur.
1. Werkzeug: Das Moratorium
Der Begriff Moratorium kommt aus der lateinischen Sprache und bedeutet soviel wie }säumend}, oder }aufschieben}. Die Wirkung eines Moratoriums der BaFin bezeichnet diese wortwörtliche Transkription durchaus realistisch. Zwar wird bei einem Moratorium der Kunde nicht von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Kreditinstitut befreit, aber die Bank wird von so gut wie allen ihren Verpflichtungen im aufschiebenden Sinne befreit. Das hört sich positiv an, bedeutet aber im Endeffekt einen angeordneten Zahlungsausfall des Instituts. Denn während Zahlungsströme eintreffen dürfen, so müssen diese bei der betroffenen Bank bleiben und dürfen weder weitergegeben, noch für die Weiterabwicklung genutzt werden. Im Prinzip ist ein Moratorium nichts anderes, als ein vollständiger Stopp bei den Zahlungsausgangsflüssen. Für eine Bank bedeutet das natürlich ein hohes Hindernis, und eigentlich sogar die Aufgabe des regulären Geschäftsbetriebes. Moratorien können dabei durchaus individuell gestaltet werden, wie es beispielsweise bei den beiden russischen Bankhäusern der Fall war. So kann im Rahmen der Verfügung die Einlagensicherung festgestellt werden, ebenso wie die Einlagen an sich gesichert werden können, um so im Rahmen weiterer Verwendung verfügbar zu bleiben. Auch die Möglichkeit zur Vermeidung eines Entschädigungsfalles, welcher durch die von der Bank nicht zu vertretenden Umstände gegeben sein könnte, kann in einem Moratorium in seinen Grundlagen festgestellt werden. Die Vielzahl an Möglichkeiten macht Moratorien zu dem mächtigsten Werkzeug, welcher der obersten Bankenaufsicht in Deutschland zur Verfügung steht und im Falle der beiden russischen Banken auch genutzt wurde.
Aktuelle Lage bei der Sberbank und der VTB Bank:
Während die VTB Bank noch nicht von Sanktionen betroffen ist, wurde der Geschäftsbetrieb anhand eines Moratoriums bei der SBerbank eingestellt. Die Einlagensicherung hat bereits mit der Auszahlung der Einlagen im Rahmen der gesetzlichen Einlagensicherung begonnen. Nähere Informationen hierzu finden Verbraucher auf der Homepage des Bankinstituts, sowie auf der Homepage der Behörde. Aktuell ist die VTB Bank nicht von einem Moratorium betroffen, aber im Zuge der sich verschärfenden Ukraine-Krise könnte es zu weiteren Einschränkungen des geschäftlichen Betriebes kommen.
2. Werkzeug: Verbotsverfügung
Die Verbotsverfügung ist ein weniger scharfes, aber dafür sehr endgültiges Werkzeug der Behörde. Mit ihr können konkrete Geschäftspraktiken auf einen Schlag verboten werden. Dabei ist zu beachten, dass eine Verbotsverfügung nur aufgrund der aktuell gültigen Rechtslage erlassen werden kann. Ein gerichtliches Vorgehen gegen eine solche Verfügung ist deswegen sehr kompliziert, denn natürlich versucht die Behörde die Verfügung ausgiebig zu begründen und rechtssicher zu gestalten. Die Verfügung kann eine Bank, je nach Aufstellung des täglichen Geschäfts, in Teilen oder in Gänze zur Aufgabe des Geschäftsbetriebes zwingen. Um zwischen Moratorien und Verbotsverfügungen zu unterscheiden, hilft eine kleine Brücke: Moratorien sind in der Regel zeitlich begrenzt und nicht endgültig. Eine Verbotsverfügung tritt sofort in Kraft und verbietet dauerhaft, beziehungsweise bis zur endgültigen Klärung der Situation, den Geschäftsbetrieb in Teilen oder in Gänze. Die Auswirkungen beider Werkzeuge können, je nach Größe des Bankhauses, gleich sein. Der gewollte Zweck ist aber ein anderer und die Verbotsverfügung ist häufig für Bankhäuser noch viel schlimmer, als ein Moratorium. Verbotsverfügungen können zudem in Moratorien enthalten sein und so einen Teil des Gesamtpaktes ausmachen. Bekannte Beispiele für eine solche Verfügung ist das Verbot von ungedeckten Leerverkäufen öffentlicher Schuldtitel, welches aufgrund der Artikel 12 ff. EU-LeerverkaufsVO getroffen und konsequent umgesetzt wird. Dieses Verbot verhindert den ungedeckten Leerverkaufshandel (Optionshandel) von öffentlichen Schuldtiteln und soll so die internationalen Währungsmärkte stabilisieren.
Aktuelle Lage bei den Verbotsverfügungen bei der SBerbank und der VTB Bank:
Nach dem aktuellen Stand ist die VTB Bank nicht von einer solchen Verfügung betroffen. Das kann sich aber noch ändern, vor allem unter dem Aspekt der genaueren Beobachtung der Bankgeschäfte durch die Behörde. Im Rahmen des Moratoriums gegenüber der SBerbank wurden eine Reihe von Verfügungen erlassen, die einen regulären Geschäftsbetrieb faktisch unmöglich machen. Eine Aufhebung des Moratoriums, sowie der darin enthaltenen Verfügungen ist derzeit nicht absehbar, weswegen ein Fortbestehen des Bankinstituts nicht im Bereich der derzeitigen Möglichkeiten liegt.
Der Entschädigungsfall als Konsequenz des Einsatzes von Moratorien und Verfügungen
Im Rahmen der ausgesprochenen Moratorien gegenüber russischen Banken kann es zum Entschädigungsfall für Einlagen gegenüber Anlegern kommen. Das bedeutet im Klartext, dass bis zu 100.000 Euro garantiert abgesichert sind und die Anleger ihr Geld innerhalb von wenigen Werktagen wieder zur Verfügung gestellt bekommen. In wenigen Ausnahmen sind die Einlagensicherungen deutlich höher. Die Ursache hierfür ist in der Struktur der europäischen und der deutschen Einlagensicherung begründet. Die Sicherung umfasst per Gesetz 100.000 Euro und jede Bank, die in Deutschland oder Europa aktiv werden möchte, hat ihren Beitrag in den jeweiligen regionalen Einlagenfonds zu leisten. Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit der Bank, welcher im Falle eines verhängten Moratoriums zweifelsohne eintritt, haben Anleger das Recht ihre Einlagen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro erstattet zu bekommen. Diese Sicherung kann auf freiwilligem Niveau zusätzlich durch das Bankinstitut erweitert werden. Diese privaten zusätzlichen Sicherungseinrichtungen variieren regional und in Deutschland sind nach oben hin keine Grenzen gesetzt. Die SBerbank hat an solchen Sicherungssystemen nicht teilgenommen, weswegen Anleger hier wirklich nur 100.000 Euro erstattet bekommen. Einlagen über diesem Wert sind verloren und können nicht zurückgefordert werden. Bei der VTB Bank gibt es eine Teilnahme an einem zusätzlichen Sicherungsmechanismus. Hier sind die Einlagen bis zu einer Höhe von insgesamt mehr als 100.000 Euro rückversichert, wobei 100.000 Euro auf die gesetzliche Einlagensicherung entfallen und weitere Beträge, anhand des Eigenkapitals der Bank berechnet, auf die zusätzliche Absicherung.
Gibt es weitere Optionen gegenüber russischen Banken, mit denen Anleger rechnen müssen?
Ja und Nein. Rein technisch gibt es durchaus noch weitere Optionen, die in das Alltagsgeschäft von russischen Geschäfts- und Privatbanken eingreifen können. Diese reichen von einer Teil- oder einer kompletten Stilllegung des Geschäftsbetriebs, bis hin zum Verbot bestimmter Tätigkeiten und Geschäftszweige. Natürlich liegen diese Werkzeuge auf dem Tisch und seitens der Politik können sie ohne großen Aufwand eingesetzt werden. Faktisch ist aber auch zu sehen, dass die Geschäftstätigkeit russischer Banken in Deutschland sehr eingeschränkt ist. Der Markt hier ist für russische Banken nur bedingt attraktiv und dementsprechend niedrig ist das bisher ausgenutzte Marktvolumen. Für Anleger ist es dennoch ratsam, wenn die russischen Bankinstitute in der nahen Zukunft gemieden werden. Experten rechnen damit, dass im Zuge des Ukraine-Krieges durchaus noch weitere Zwangsmaßnahmen möglich sind und verhängt werden. Zwar wären die eingelegten Beträge gesichert, aber dennoch wäre eine Investition zumindest mit einem hohen Aufwand verbunden und nicht erfolgreich. Denn die Sicherung der eingelegten Beträge bezieht sich ausdrücklich nicht auf Zinserträge und es besteht auch keine Möglichkeit zur Rückforderung von ausstehenden, sowie von künftigen Erträgen. Anleger sollten deswegen derzeit auf der sicheren Seite bleiben und sich alternative Anlageprodukte heraussuchen.
Sind weitere Geschäftsbanken innerhalb der EU betroffen?
Grundsätzlich treffen die Sanktionen aus der EU alle Geschäftsbanken, die eine starke Verbindung zu Russland haben. Dabei muss bedacht werden, dass auch Geschäftsbanken betroffen sein können, die eine starke geschäftliche Verbindung zu Russland und zu den USA haben. Denn die von den USA verhängten Sanktionen sind rechtlich auf einer anderen Ebene, als die EU-Sanktionen. Während Geschäftshäuser aus der Europäischen Union direkt Probleme bekommen, wenn sie die europäischen Sanktionen unterlaufen, ist das für internationale Bankhäuser ohne Sitz in der EU kein Problem. Diese müssen dann allerdings mit Sanktionen aus den USA rechnen und dadurch wird die Attraktivität des Geschäfts in Russland für die meisten Banken in der westlichen politischen Hemisphäre sehr negativ. Lediglich Bankhäuser aus China, oder aus Afrika ohne eine enge Anbindung an westliche Geschäftsprozesse ermöglichen noch sichere Anlagen in der Russischen Föderation. Wie lange das noch so ist, kann derzeit nicht gesagt werden. Hier muss aber bedacht werden, dass manche Sanktionen der USA auch direkt auf natürliche Personen wirken können und zudem die komplexen Außenhandelsregeln für Bankgeschäfte beachtet werden müssen. Für Kunden aus Europa ohne entsprechendes Interesse und ohne den richtigen fachlichen Hintergrund, für die normalen Verbraucher also, sind Bankgeschäfte in und mit Russland und russischen Banken nur mit starken Einschränkungen möglich. Auch wenn die Banken nicht direkt sanktioniert oder von einem SWIFT-Ausschluss betroffen sind, ergibt sich aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtung mit Russland häufig ein Berg von Problemen. Die Anlagen in diesen Häusern kann man also nicht als sicher bezeichnen, auch wenn nicht direkt mit einem Verlust gerechnet werden muss. Wie sich dieser aktuelle Status verändern wird, hängt stark von dem künftigen politschen Geschehen ab.