Lebensversicherung weg, Geld weg, Altersvorsorge weg, Verjährungsfrist weg, Rechtsschutzversicherung weg, Erinnerungen weg: Der Supergau für Kleinanleger
Die Problemfälle, die unserer Kanzlei zur Überprüfung übergeben werden, häufen sich und füllen bereits mehrere Aktenordner. Oftmals gilt es zu retten, was zu retten ist.
Genussrechte von dubiosen Anbietern, geschlossene Fondsanteile, vermittelt von Anlageberatern, die sie selbst nicht verstehen, Verkäufe von Lebensversicherungen, Nachrangdarlehen – was sich hinter den Zeichnungsscheinen und Beitrittserklärungen verbirgt, verstehen nur die wenigsten Anleger. Fehlt jedoch das Verständnis, muss man sich auf die Auskünfte des Anlageberaters verlassen. Dieser meldet gewöhnlich eine positive Entwicklung, der Anleger ist beruhigt und die Sache wieder für einige Jahre vergessen. Erst wenn keine Ausschüttungen mehr erfolgen oder bereits erfolgte Ausschüttungen zurückgefordert werden, ahnen Anleger die Gefahr. Doch dann kann es bereits zu spät sein. Die Post, die man von der Anlagegesellschaft erhält, einfach ungelesen abzuheften, kann zu totalem Rechteverlust führen.
Beispiele:
1. Ratenzahlermodelle Obwohl Anleger häufig glauben, sie würden mit ihren Ratenzahlungen einen bestimmten Betrag X ansparen, zahlen sie tatsächlich eine Schuld ab. Gewinne können nicht garantiert werden und es besteht die Gefahr eines Totalverlustes. Ob sich die von den Beratern und Fondsprospekten gemachten Versprechungen verwirklichen, zeigt sich erst nach Ablauf des Einzahlungszeitraums. Beträgt dieser mehr als 10 Jahre, ist auch die Verjährungsfrist verstrichen und etwaige Schadensersatzansprüche können nicht mehr geltend gemacht werden.
2. Genussrechte Kommt es zu einer Insolvenz des Unternehmens, erhält man als Anleger gewöhnlich gar nichts zurück. Daher sollte bei Ausbleiben der Ausschüttungen zeitnah geprüft werden, ob ein Widerrufsrecht besteht. Dies gilt es dann vor seiner Verjährung geltend zu machen.
3. Verkäufe von Lebensversicherungen Problematisch ist es, wenn die Rückkaufswerte in Raten samt Zinsen gezahlt werden sollen. In diesem Fall trägt der Anleger über Jahre das volle Bonitätsrisiko des Käufers. Solche Verträge sollten schnellstmöglich rückabgewickelt werden. Überdies sind sie gewöhnlich aufgrund von Verstößen gegen geltende Gesetze ungültig. Es gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
4. Das Letzte: Nachrangdarlehen Der Name erläutert bereits den Sachverhalt: Im Insolvenzfall geht der Anleger mit solchen Darlehen in der Regel leer aus. Möglich ist auch, dass im Rahmen einer Schadensersatzklage Glaubwürdigkeitsprobleme auftreten, wenn behauptet wird, man habe etwas Sicheres gewollt und sei sich der Risiken nicht bewusst gewesen.
5. Gekündigte Rechtsschutzversicherungen Nach Ablauf einer Rechtsschutzversicherung beginnt eine Nachmeldefrist von bis zu drei Jahren, in der Schäden, die innerhalb der versicherten Zeit aufgetreten sind, noch gemeldet werden können. Vertraut man hier jedoch auf falsche Ratschläge, ist diese Frist schnell ungenutzt verstrichen und nur mit anwaltlicher Hilfe besteht dann die Chance, das Fristversäumnis unwirksam zu machen.
6. Verjährung Alle Schadensersatzansprüche verjähren taggenau nach 10 Jahren. Ist dem Anleger der Schaden und dessen Verursacher schon vorher bekannt, hat er nur drei Jahre Zeit zum Handeln. Wird er jedoch vom Anlageberater daran gehindert, seine Schadensersatzansprüche rechtzeitig geltend zu machen, kann sich der Berater nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Allzu große Bemühungen, zum Ablauf der Verjährungsfristen beizutragen, können also duchaus auf den Verursacher zurückfallen.
7. Gekündigte Lebensversicherungen Obwohl in der Beraterbranche bekannt ist, dass Lebensversicherungen in der Vergangenheit steuerfreie Mindestsummen garantierten, wurde häufig zur Kündigung geraten, obwohl auch eine Auszahlung samt Ratenstilllegung möglich und für den Anleger günstiger gewesen wäre. Oftmals wurden dem Anleger auch vorformulierte Kündigungsschreiben vorgelegt, denen nur noch eine Unterschrift fehlte. Die Rückkaufswerte sollten in solchen Fällen gewöhnlich direkt an die Anlagegesellschaften gehen und waren somit für den Anleger zu keinem Zeitpunkt verfügbar. Anleger wechselten so von einlagengeschützten in einlagenungeschützte und oftmals dubiose Investments.
Die Geschäftsbesorgung für die Rückabwicklung von Lebensversicherungen Besonders fragwürdig sind Geschäftsbesorgungsmodelle für die Rückabwicklung von Lebensversicherungen. Hierbei wird dem Anleger, obwohl der rechtsschutzversichert und damit prozessrisikofrei ist, ein Geschäftsbesorgungsmodell vorgeschlagen, nach dem bis zu 50% der zu erstreitenden Summe an den "Geschäftsbesorger" oftmals schon im Vorraus abgetreten werden soll, damit dieser einen geeigneten Anwalt suchen kann. Solche Modelle dürften sittenwidrig und wucherisch sein.
8. Erinnerungen sind wichtig für Anlegerprozesse Unser neunseitiger Fragebogen zur Klärung eines Beratungssachverhalts macht die Bedeutung von Erinnerungen deutlich. Je länger allerdings ein Sachverhalt zurückliegt, desto mehr verblassen Erinnerungen und das Risiko, der Darlegungs- und Beweislast nicht gerecht werden zu können, steigt.
Fazit Verloren hat, wer die Kontrolle über seine Finanzen und Versicherungen an Dritte abgibt. Dies ist jedoch häufig nicht zu vermeiden, wenn man sich in der Materie nicht auskennt und auf die Dienste eines Beraters angewiesen ist. Stellt ein Anlageberater dem Anleger keine Rechnung, wird er vom Produktanbieter bezahlt und ist dann eher Verkäufer als Berater. Dieses Umstandes sollte man sich als Anleger bewusst sein. Derzeit gibt es in Deutschland für Anlagesummen unter 50.000,00 Euro keine unabhängige Honorarberatung, so dass man es in diesem Segment mit Verkäufern und nicht mit Beratern zu tun bekommt.
Jens Reime
Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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