Millionen-Betrug durch Internettrading-Handelsplattformen: Nach BaFin-Warnung verwirklicht sich Betrugsrisiko

Bereits im August des Jahres 2018 warnte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor Geschäften mit nicht lizenzierten Internet-Handelsplattformen. Die BaFin wies darauf hin, dass solchen Betreibergesellschaften die Lizenz für Geschäfte auf dem deutschen Markt oder deren europäisches Äquivalent in der Regel fehle. Auch dürfe aus einem deutschen Internetauftritt und einer Kundenbetreuung in deutscher Sprache sowie der Angabe deutscher Telefonnummern nicht auf einen Firmensitz in Deutschland geschlossen werden.

Informationen zu den Betreibern der Internet-Handelsplattform, zu den Vertragspartnern der Kunden also, seien auf den entsprechenden Webseiten oftmals nur an gut versteckter Stelle zu finden, beispielsweise in den allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ein Impressum dagegen suche man oft vergebens. Die Betreibergesellschaften und/oder deren Firmensitz, bei dem es sich in der Regel um bekannte Offshore-Briefkastenadressen handele, wechselten zudem häufig.

Die Warnung der BaFin bezog sich insbesondere auf Geschäfte mit finanziellen Differenzkontrakten, also Contracts of Difference - CFD, binären Optionen und dem sogenannten Forex-Handel. Es bestünde grundsätzlich ein hohes Verlustrisiko.

Bei binären oder digitalen Optionen handelt es sich um hochriskante Termingeschäfte mit den Merkmalen einer Wette. So gibt es auch hier zwischen Gewinn und Verlust keine Abstufung: Der Anleger wettet, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt, also beispielsweise auf eine bestimmte Marke des DAX zum Schlussstand. Tritt dieser Fall ein, erhält er einen vorher festgelegten Betrag, der in der Regel weniger als dem Doppelten des ursprünglich geleisteten Betrags entspricht. Liegt der Anleger mit seiner "Wette" jedoch falsch, ist sein eingesetztes Kapital verloren.

Daher ist es seit dem 2. Juli 2018 auch lizenzierten Finanzdienstleistungs- und Kreditinstituten untersagt, binäre Optionen an Privatkunden zu vertreiben oder zu verkaufen. Ähnliche Regelungen bestehen für die CFDs. Diese dürfen bereits seit dem 8. Mai 2017 nicht mehr an Privatkunden vermarktet, vertrieben oder verkauft werden. Seit dem 1. August 2018 gelten darüber hinaus weitere Beschränkungen, wie beispielsweise Hebelbeschränkungen, automatische Verlustbegrenzungen, ein Nachschusspflichtverbot, Vermarktungsbeschränkungen und eine verpflichtende Risikowarnung, die europaweit Geltung besitzen.

Die Warnung der BaFin vom August 2018 hat sich nun als begründet herausgestellt.

Wie das Bundeskriminalamt Österreich berichtete, sind mehrere tausend Anleger aus ganz Europa mit Hilfe von Online-Trading-Plattformen für binäre Optionen, Forex, Kryptowährungen und ähnliche Finanzprodukte um rund 100 Millionen Euro jährlich betrogen worden, beispielsweise indem Risiken verschleiert oder wichtige Informationen vorenthalten wurden.

Darüber hinaus bediente man sich perfider Methoden, um die Anleger zu Einzahlungen zu bewegen. So kam es durch mehrere scheinbar gewonnene Transaktionen oft zu einem raschen Anwachsen des virtuellen Depots, was die Anleger zu weiteren Einzahlungen bewegen sollte. Eine Auszahlung der Rendite und/oder der geleisteten Beträge erfolgte jedoch nicht: Entweder konnten die Anleger überzeugt werden, auf eine Auszahlung vorerst zu verzichten oder es gab bei der Auszahlung Probleme oder der Kontakt brach vollständig ab. In anderen Fällen wurden Totalverluste vorgetäuscht, die die Anleger zum Verlustausgleich und damit zu neuen Zahlungen bewegen sollten.

Das eingezahlte Kapital wurde allerdings nie einer Kapitalanlage zugeführt, sondern auf verschiedene Konten im Ausland verschoben. Die Webseiten arbeiteten laut Bundeskriminalamt auf Basis einer Software, die dem Kunden die Illusion gab, sein Anlagekonto online einsehen und die Kontobewegungen überprüfen zu können, tatsächlich aber dazu benutzt wurde, hohe Gewinne vorzutäusuchen.

Im Mittelpunkt der derzeitigen Untersuchungen stehen die Trading-Plattformen XTraderFX, Optionstars, OptionstarsGlobal, Goldenmarkets, SafeMarkets und Cryptopoint. Über diese wurde ein Umsatz von mindestens 66 Millionen Euro erwirtschaftet, von denen rund 11 Millionen Euro von deutschen oder österreichischen Anlegern eingezahlt wurden.

Die Ermittlungen werden von einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe (JIT - Joint Investigation Team) österreichischer, saarländischer, bulgarischer und tschechischer Ermittlungsbehörden sowie Europol durchgeführt. Es kam vom 28. Januar 2019 bis zum 1. Februar 2019 in Sofia/Bulgarien zur Durchsuchung von 21 Firmen und vier Privatadressen. Es konnten einige Terabyte an Daten, Geschäftsunterlagen, ein sechsstelliger Geldbetrag sowie 14 Konten sichergestellt werden. Mindestens ein Hauptverdächtiger sitzt in Untersuchungs- bzw. Auslieferungshaft.

Jens Reime
Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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